Weltladentag 2023

Mächtig FAIR...

Ende Mai 2023 stimmt das EU-Parlament über die Richtlinie zur Regelung von unternehmerischen Sorgfaltspflichten in der Lieferkette – kurz EU-Lieferkettengesetz – ab. Nach vielen Jahren stehen wir an einem Punkt, an dem die Möglichkeit besteht, dass internationale Lieferketten endlich gerechter werden und nicht mehr auf Ausbeutung basieren. Lieferketten können mächtig fair werden, wenn ein starkes EU-Lieferkettengesetz durchgesetzt wird.


Was ist das Problem unserer Lieferketten?

Die Lieferketten unserer Konsumgüter sind oft sehr lang. Konsument*innen können in der Regel nicht nachprüfen, wie ein Produkt hergestellt, transportiert und schließlich an sie verkauft wurde. Sie müssen darauf vertrauen, dass Unternehmen Verantwortung übernehmen, die Menschenrechte einhalten und die Umwelt nicht weiter zerstören.

Doch Unternehmen wurden bisher kaum Vorgaben gemacht, wie sie Menschen, Umwelt und Klima präventiv schützen müssen. So kam es in der Vergangenheit zu Katastrophen wie dem Einsturz der Textilfabrik in Rana Plaza am 24. April 2013, bei der mehr als tausend Menschen starben. Solche gefährlichen Risiken sollen in Zukunft frühzeitig erkannt werden, damit Unternehmen rechtzeitig Gegenmaßnahmen ergreifen können.

Am Weltladentag für starkes EU-Lieferkettengesetz

Am 13. Mai 2023, dem bundesweiten Weltladentag, macht die Weltladen-Bewegung darauf aufmerksam, dass es endlich ein EU-Lieferkettengesetz braucht, das die Produzent*innen und die Umwelt schützt.

Der aktuelle Entwurf für ein EU-Lieferkettengesetz ist jedoch aus Sicht der Weltladen-Bewegung nicht weitgehend genug. Dieser sieht vor, dass Unternehmen nur in seltenen Fällen haften müssen, wenn Menschenrechte entlang ihrer Lieferketten verletzt und Klimaschutzpläne nicht eingehalten werden. Durch eine Prüfung oder Zertifizierung könnten sich Unternehmen beispielsweise auch vor einer etwaigen Strafe schützen. Der Weltladen-Dachverband hat sich mit 130 weiteren Organisationen im Rahmen der Initiative Lieferkettengesetz gegen diesen Vorschlag ausgesprochen. Zertifikate können wertvoll sein, um Bedingungen zu verbessern, aber sie dürfen Unternehmen nicht gänzlich von ihrer Verantwortung freisprechen.

Es braucht ein Gesetz, das Unternehmen verpflichtet, ihre Lieferketten so zu überprüfen, dass eine Katastrophe wie die von Rana Plaza gar nicht erst passiert. Dafür braucht es ein wirksames EU-Lieferkettengesetz, das alle Unternehmen in den Blick nimmt, ihre gesamten Wertschöpfungsketten erfasst, und Verletzungen von Menschenrechten und Umwelt und Klima sanktioniert und bestraft. Solch ein starkes Lieferkettengesetz schützt dann nicht nur Produzent*innen im „Globalen Süden“, sondern es bezieht alle Arbeiter*innen entlang globaler Wertschöpfungsketten ein. Es betrifft also uns alle!

Eine Sache, die ich für sehr wichtig halte, ist die Einführung von Überprüfungsverfahren, die auch in den Ländern vor Ort überprüft werden, um dann zusammen mit den lokalen Regierungen sicherzustellen, dass die Prinzipien wirklich für die Menschen Anwendung finden, die davon betroffen sind.

Portrait Fabiana Munhoz, Managerin Vertrieb & Marketing bei Conexsus, Brasilien Fabiana Munhoz, Managerin Vertrieb & Marketing bei Conexsus, Brasilien

Unsere Forderungen an das EU-Lieferkettengesetz

Gemeinsam mit der Initiative Lieferkettengesetz richten sich die Weltläden mit acht Forderungen an die Abgeordneten des Europäischen Parlaments, die voraussichtlich am 30. Mai über den Gesetzesentwurf abstimmen. Folgende Aspekte sollte das EU-Lieferkettengesetz künftig enthalten:

  • Ein existenzsicherndes Einkommen ist ein Menschenrecht. Nur Menschen, die mindestens über ein existenzsicherndes Einkommen verfügen, können die Grundbedürfnisse ihres Haushalts decken. Ein wirksames EU-Lieferkettengesetz muss deswegen existenzsicherndes Einkommen als Menschenrecht benennen.

  • Sorgfaltspflichten dürfen nicht nur auf direkte Geschäftspartner oder etablierte Geschäftsbeziehungen begrenzt sein. Viele Menschenrechtsverletzungen, wie etwa ausbeuterische Kinderarbeit auf Kakaoplantagen oder Arbeitsrechtsverletzungen in Bergbauminen, geschehen am Anfang globaler Lieferketten. Nur ein risikobasierter Ansatz, bei dem Unternehmen ihre gesamte Wertschöpfungskette auf Risiken analysieren, stellt sicher, dass alle Risiken erkannt und nach ihrer Schwere gewichtet werden. Ziel eines Lieferkettengesetzes sollte es zudem sein, präventiv Menschenrechtsverletzungen und Umweltschäden zu verhindern. Auch dies ist nur möglich, wenn Unternehmen Risiken für Mensch, Umwelt und Klima in der gesamten Wertschöpfungskette analysieren, und zwar von der Rohstoffgewinnung über die Fertigung bis zur Nutzung und Entsorgung eines Produktes.

  • Unternehmen müssen ihre Sorgfaltspflichten verantworten und umsetzen. Sie dürfen ihre Verantwortung nicht pauschal an Dritte delegieren, etwa an Brancheninitiativen oder Standardorganisationen. Ambitionierte Standards und Zertifikate oder das gemeinsame Vorgehen einer Branche können Unternehmen bei der Umsetzung ihrer Sorgfaltspflichten helfen, entlassen sie aber nicht aus ihrer Verantwortung und der Haftung oder ersetzen die Anpassung von Einkaufs- und Beschaffungspraktiken. Dies betonen auch standardsetzende und zertifizierende Organisationen.

  • Betroffene von Menschenrechtsverstößen brauchen effektiven Rechtsschutz. Das EU-Lieferkettengesetz muss mit einer zivilrechtlichen Haftungsregel ermöglichen, Unternehmen vor Gerichten in der EU auf Entschädigung zu verklagen. Damit Klagen auch Aussicht auf Erfolg haben, muss das Gesetz für Betroffene den Zugang zu Recht verbessern und eine faire und sachgerechte Verteilung der Beweislast gewährleisten. Betroffene Menschen haben in der Regel keinen Einblick in interne Prozesse und Unterlagen eines Unternehmens. Sie können deshalb kaum beweisen, dass ein Unternehmen vorsätzlich oder fahrlässig handelt. Deshalb brauchen Betroffene eine faire und sachgerechte Verteilung der Beweislast.

  • Wer Unternehmen und Vorhaben finanziert, trägt Verantwortung: Sorgfaltspflichten gelten gemäß den Leitprinzipien der Vereinten Nationen (UN) und den Leitsätzen der OECD auch für den Finanzsektor. Die OECD stuft ihn sogar als hochriskant ein. Deshalb müssen auch Finanzinstitutionen zu Sorgfalt verpflichtet werden, und zwar für die gesamte Geschäftsbeziehung. Dabei sollte gleiches Recht für alle Finanzinstitutionen gelten: Einzelne EU-Mitgliedsstaaten dürfen keine Ausnahme für ihr Land schaffen.

  • Unternehmen müssen stärker verpflichtet werden, durch ihre Tätigkeit die Umwelt nicht zu schädigen. Die Sorgfaltspflichten für die Umwelt dürfen nicht unter das Niveau bereits bestehender EU-Gesetzgebung gesenkt werden, und es braucht einen umfassenden Ansatz: Die Umweltgüter Luft, Boden, Wasser, Klima und Biodiversität müssen ausdrücklich benannt und berücksichtigt werden. Weitere relevante Umweltabkommen gehören als Referenz in den Anhang.

  • Unternehmen müssen einen wirksamen Beitrag zum Schutz des Klimas leisten und für Klimaschutz und Anpassung in der Wertschöpfungskette sorgen. Das EU-Lieferkettengesetz sollte festlegen, dass Unternehmen einen ambitionierten Klimaplan mit konkreten Reduktionszielen und Zeitplan im Einklang mit dem Pariser Klimaabkommen erarbeiten und umsetzen. Die Aufsichtsbehörde sollte die Schlüssigkeit sowie die Umsetzung der Klimapläne kontrollieren und Sanktionen verhängen können.

  • Unternehmen haben mit ihrer Einkaufs- und Preispolitik gegenüber ihren Lieferanten einen großen Einfluss auf Zustände in ihren Lieferketten. Ein wirksames EU-Lieferkettengesetz muss deswegen als Präventionsmaßnahme Unternehmen verpflichten, ihre eigenen Einkaufspraktiken und Beschaffungsstrategien zu evaluieren und gegebenenfalls anzupassen. Dies ist nicht nur wichtig, um zu verhindern, dass Unternehmen – wie häufig der Fall – etwa durch sehr kurzfristige Lieferfristen oder Rabattforderungen den Kostendruck erhöhen und dadurch Risiken entlang der Lieferkette selber generieren oder verschärfen. Die Anpassung der eigenen Einkaufspraktiken und Beschaffungsstrategien von Unternehmen schützt auch kleine und mittlere Unternehmen und andere Akteure in den Lieferketten vor einseitigen Belastungen bei der Umsetzung des EU-Lieferkettengesetzes.


Gemeinsam Zeichen setzen für eine starkes EU-Lieferkettengesetz

Bundesweit beteiligen sich hunderte Weltläden und Fair-Handels-Gruppen am Weltladentag am 13. Mai 2023, um gemeinsam ein Zeichen zu setzen und ein wirksames EU-Lieferkettengesetz einzufordern.

Werden auch Sie aktiv und unterstützen die Fair-Handels-Bewegung in ihren Forderungen:

  • Besuchen Sie am Weltladentag den Weltladen vor Ort. Hier geht es zum Weltladen-Finder. Und kommen Sie mit anderen Menschen über dieses Thema ins Gespräch, dass es einen gesetzlichen Rahmen braucht, der den Schutz von Menschen, Umwelt und Klima in den Fokus nimmt und Konsument*innen von ihrer Verantwortung befreit.
  • Schicken Sie Postkarten an EU-Abgeordnete in Ihrem Wahlkreis und fordern Sie sie auf, sich für ein wirksames EU-Lieferkettengesetz einzusetzen.
  • Teilen Sie unsere Beträge auf Instagram und Facebook.

Weitere nützliche Materialien und Hintergrundtexte zu Mitmachmöglichkeiten und den Forderungen an das EU-Lieferkettegesetz finden Sie auf der Internetseite der Initiative Lieferkettengesetz.


Podcast fairtont. zum Weltladentag

Passend zum Weltladentag gibt eine neue Folge des Podcasts fairtont. zum Thema EU-Lieferkettengesetz. Zu hören überall wo es Podcasts gibt und hier.

Kontakt:

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Der Weltladentag 2023 wird gefördert aus Mitteln des Katholischen Fonds, des Kirchlichen Entwicklungsdienstes durch Brot für die Welt – Evangelischer Entwicklungsdienst, sowie durch ENGAGEMENT GLOBAL mit finanzieller Unterstützung des BMZ.

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Stand: 10/2022

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